Glutenreduzierte Ernährung, um Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen: Aktuelle Evidenz

3-D-Illustration eines menschlichen Herzens

Können mit Hilfe einer glutenreduzierten oder glutenfreien Ernährung Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems verhindert werden? Ein kürzlich veröffentlichter Cochrane Review befasst sich mit dieser Thematik und kommt zu dem Schluss, dass sich aus der derzeitigen Studienlage keine eindeutig positive Wirkung ablesen lässt.

Ernährungsweisen mit einem reduzierten Anteil an Gluten oder einem völligen Verzicht darauf sind derzeit beliebt und scheinen sich immer stärker zu verbreiten. Auch Menschen, die eigentlich nicht aus gesundheitlichen Gründen auf glutenhaltige Lebensmittel verzichten müssen, etwa weil sie von Zöliakie betroffen sind, versprechen sich positive Effekte auf ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden. Gluten, ein Klebereiweiß, das in verschiedenen Getreidesorten enthalten ist, wird mit negativen gesundheitlichen Auswirkungen in Verbindung gebracht. Beispiele dafür sind Probleme des Magen-Darm-Trakts, wie Durchfall oder eine ungenügende Aufnahme von Nährstoffen. Gleichzeitig gibt es Bedenken, dass eine glutenfreie Ernährung nicht ausgewogen ist, aufgrund des fehlenden oder mangelnden Konsums von Vollkornprodukten. Eine Folge aus einer unausgewogenen Ernährung können auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Etwa die Hälfte aller Beeinträchtigungen, die aus einer Herz-Kreislauf-Erkrankung resultieren, sind auf eine schlechte Ernährung zurückzuführen. Ein Team aus Cochrane-Studienautor*innen hat nun den Zusammenhang zwischen einer glutenreduzierten bzw. glutenfreien Ernährung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen unter die Lupe genommen, um zu ermitteln, ob diese Ernährungsform dazu beitragen kann, Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen.

Zentrale Ergebnisse des Cochrane Reviews

Aus dem aktuellen Cochrane Review geht hervor, dass kein bzw. kaum ein Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Gluten und der Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie dem Auftreten von nicht tödlichen Herzinfarkten bestehen dürfte. Darüber hinaus kann eine geringere Aufnahme von Gluten möglicherweise mit einem höheren Risiko für Typ-2-Diabetes in Verbindung gebracht werden. Typ-2-Diabetes ist wiederum ein bedeutender Risikofaktor für eine Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems. Es ist unklar, ob die Aufnahme von Gluten mit der allgemeinen Sterblichkeit zusammenhängt. Die Autor*innen des Cochrane Reviews stellen fest, dass die derzeit vorliegende Evidenz nicht dafür geeignet ist, daraus Empfehlungen für die Praxis abzuleiten.

Der Cochrane Review im Detail

Die Autor*innen des Cochrane Review konnten eine randomisierte kontrollierte Studie und drei nicht randomisierte Interventionsstudien in ihre Auswertung einschließen. Die randomisierte kontrollierte Studie wurde in Italien durchgeführt. 60 Personen nahmen daran teil, sie waren durchschnittlich 41 Jahre alt (± 12,1 Jahre). Zwei der nicht randomisierten Interventionsstudien waren in den USA erfolgt. Insgesamt 269 282 Personen aus dem Gesundheitsbereich zwischen 24 und 75 Jahre waren daran beteiligt. Die dritte nicht randomisierte Interventionsstudie wurde in Großbritannien vorgenommen, daran waren 159 265 Personen beteiligt. Sie waren zwischen 49 und 62 Jahre alt. Was die tägliche Aufnahme von Gluten betrifft, so lag der niedrigste Aufnahmewert in zwei der nicht randomisierten Interventionsstudien zwischen 0,0 g und 3,4 g. Der höchste tägliche Aufnahmewert lag zwischen 6,2 g und 38,4 g. Die nicht randomisierte Interventionsstudie aus Großbritannien berichtete über eine durchschnittliche Aufnahme von Gluten von 8,5 g pro Tag. Das Vertrauen in die Evidenz schätzten die Autor*innen des Cochrane Reviews als niedrig bis sehr niedrig ein.

Von 269 282 Teilnehmer*innen starben 3364 (1,3%) aufgrund eines kardiovaskulären Ereignisses, während einer Studiendauer von 26 Jahren. Es zeigte sich kein Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Gluten und der Sterblichkeit durch ein Ereignis dieser Art. In Hinblick auf die Gesamtsterblichkeit war unklar, ob hier ein Bezug zur Aufnahme von Gluten hergestellt werden kann. Von 159 265 Studienteilnehmer*innen starben 6259 (3,9%) innerhalb von 11,1 Jahren. Von 110 017 Personen waren innerhalb einer Studiendauer von 26 Jahren 4243 (3,9%) von einem nicht tödlichen Herzinfarkt betroffen. Auch hier zeigte sich, dass der Konsum von Gluten nicht mit der Entwicklung eines nicht tödlichen Herzinfarkts in Verbindung gebracht werden kann.

Was die Entwicklung von Typ-2-Diabetes betraf, so entwickelten von 202 114 Personen 15 947 (8%) einen Typ-2-Diabetes innerhalb einer Studiendauer zwischen 22 und 28 Jahren. Es zeigte sich, dass ein niedriger Konsum von Gluten möglicherweise mit einem höheren Risiko für Typ-2-Diabetes einhergeht, verglichen mit einem höheren Konsum von Gluten. Es ist unklar, ob die Aufnahme von Gluten auf den systolischen Blutdruck einwirken kann. Keine Unterschiede zwischen niedriger und hoher Aufnahme von Gluten zeigte sich für den diastolischen Blutdruck, LDL-Cholesterin und den BMI.

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Text: Edeltraud Günthör