Digitale Technologien als unterstützende Maßnahme in der Asthmatherapie

Ein Mädchen benutzt einen Inhalator

Rund sieben Prozent aller Österreicher*innen haben Asthma, das sind fast 632 000 Menschen. Die Asthmatherapie konsequent einzuhalten ist für viele Betroffene eine Herausforderung. Gleichzeitig ist das der Schlüssel dafür, dass die Behandlung erfolgreich ist. Können digitale Technologien dazu beitragen, dass sich Erkrankte besser an ihre Medikation halten und ihre Beschwerden so verringern? Ein neuer Cochrane Review hat die Evidenz dazu erhoben.

Husten, Kurzatmigkeit, Atemnot: Das sind unter anderem die Symptome, die bei einer Asthmaerkrankung auftreten. Ausgelöst werden diese Beschwerden durch eine chronische Entzündung der Atemwege, die mit einer erhöhten Empfindlichkeit der Bronchien einhergeht. Die Erkrankung macht sich zumeist nachts und am Morgen bemerkbar. Die Häufigkeit und Intensität der Symptome können wechseln. Auf einen längeren Zeitraum ohne Husten oder Kurzatmigkeit kann ein akuter Asthmaanfall folgen. Unterschieden wird zwischen allergischem und nicht-allergischem Asthma sowie einer gemischten Form. Insgesamt sind 334 Millionen Erwachsene und Kinder weltweit von Asthma betroffen. Es ist die häufigste chronische Lungenerkrankung, zugleich die häufigste chronische Erkrankung bei Kindern. Die Prävalenz bei Kindern liegt bei etwa zehn Prozent, wobei diese je nach Alter, Land bzw. Region und dem durchschnittlichen Einkommen im Land variiert. Asthma kann effektiv behandelt werden, unter anderem mit Hilfe von Kortikosteroid-Inhalatoren.

Medikamente regelmäßig einnehmen

Damit die Therapie wirkt, ist es entscheidend, dass sich Asthmatiker*innen an ihre Verschreibung halten. Manche Betroffene vergessen die Einnahme oder sie glauben, dass die Medikation nur kurzfristig notwendig ist. Das kann zu vermehrten Symptomen führen und Asthmaanfälle auslösen. Befolgen die Erkrankten ihre Therapie nur mangelhaft, steigt für sie langfristig das Risiko an der Erkrankung zu sterben. Der Einsatz digitaler Technologien könnte in diesem Zusammenhang Abhilfe schaffen: Mobiltelefone, Textnachrichten oder smarte Inhalatoren können Asthmatiker*innen dabei unterstützen, ihre Medikamente regelmäßig und nach Plan einzunehmen. Wie effektiv diese digitalen Maßnahmen dazu beitragen können, die Situation von Betroffenen zu verbessern, hat sich nun ein Forscher*innen-Team im Rahmen eines Cochrane Reviews angesehen.

Überblick über die Ergebnisse des Cochrane Reviews

Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass sich Asthmatiker*innen durch digitale Technologien wahrscheinlich besser an ihre Medikation halten können. Betroffene können ihre Erkrankung mit digitaler Unterstützung wahrscheinlich besser kontrollieren, was klinisch relevant sein dürfte. Das Risiko für Asthmaanfälle könnte sich mit Hilfe digitaler Maßnahmen möglicherweise sogar halbieren. Die Review-Autor*innen weisen jedoch auf Unsicherheiten in der Qualität der Informationen hin, die manche Studien lieferten. Darüber hinaus war die Anzahl der Studien für die einzelnen Technologieformen klein, sodass deren tatsächlicher Nutzen nicht hundertprozentig gewährleistet ist. Das Vertrauen in die Evidenz schätzen die Review-Autor*innen als gering bis mittel ein.

Die Studienergebnisse im Detail

Asthmatiker*innen, die mit digitalen Interventionen unterstützt wurden, konnten sich eher an ihre Medikation halten als jene, die diese nicht zur Verfügung hatten (Mittelwertdifferenz (MD) 14,66 Prozentpunkte, 95% Konfidenzintervall (KI) 7,74 bis 21,57; niedriges Vertrauen in die Evidenz). Für Betroffene, die grundsätzlich Schwierigkeiten mit der Einhaltung ihrer Verschreibung haben, könnte das klinisch relevant sein. Die Subgruppenanalyse für die einzelnen Interventionsformen war signifikant (P = 0,001): Geräte zur elektronischen Überwachung der Einnahme und SMS zur Erinnerung trugen eher dazu bei, die Therapieanordnungen zu befolgen (23 Prozentpunkte mehr als in der Kontrollgruppe 95% KI 10,84 bis 34,16; sieben Studien bzw.  12 Prozentpunkte mehr als in der Kontrollgruppe, 95% KI 6,22 bis 18,03; vier Studien). Keine signifikanten Unterschiede zwischen den Subgruppen zeigten sich für den Vergleich zwischen Interventionen, die einen persönlichen Kontakt beinhalteten, und gänzlich digitale Angebote sowie wenn ein Feedback zur Einhaltung der Medikation vorgesehen war. Das zeigte sich ebenso in Bezug auf eine oder mehrere digitale Interventionskomponenten oder das Alter der Studienteilnehmer*innen. Die digitalen Interventionen konnten die Kontrolle der Asthmaerkrankung wahrscheinlich verbessern (Standardisierte Mittelwertdifferenz (SMD) 0,31 höher, 95% KI 0,17 bis 0,44; moderates Vertrauen in die Evidenz). Der entsprechende Effekt ist zwar klein, aber vermutlich klinisch relevant. Darüber hinaus könnten die digitalen Interventionen das Risiko für Asthmaanfälle reduzieren (Risk Ratio 0,53, 95% KI 0,32 bis 0,91; niedriges Vertrauen in die Evidenz).

Auswirkungen auf die Nutzung von Gesundheitseinrichtungen, die Lungenfunktion und die Lebensqualität

Digitale Interventionen, die die Einhaltung der Asthmatherapie unterstützen, könnten eine leichte Veränderung bei der ungeplanten Nutzung von Gesundheitseinrichtungen bewirken, obwohl manche Studien hier keinen oder einen negativen Effekt ergaben. Die Auswirkung dieser Interventionen auf die Lungenfunktion war gering oder nicht vorhanden: Das prognostizierte forcierte exspiratorische Volumen pro Sekunde (FEV1; Ausatmungsvolumen) verbesserte sich um 3,58% (95% KI 1,00% bis 6,17%; mittleres Vertrauen in die Evidenz). FEV1 bezeichnet das von Menschen unter größter Anstrengung innerhalb der ersten Sekunde ausgeatmete Volumen. Der Effekt der digitalen Interventionen auf die Lungenfunktion ist wahrscheinlich klinisch nicht relevant. Digitale Interventionen könnten die Lebensqualität verbessern (SMD 0,26 höher, 95% KI 0,07 bis 0,45), wobei dieser Effekt, der ebenfalls klinisch nicht relevant sein dürfte.

Eckdaten des Cochrane Reviews

Die Autor*innen des Cochrane Reviews konnten 40 parallele randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) in ihre Auswertung einschließen, acht dieser Studien laufen auch derzeit noch. Insgesamt nahmen 15 207 Erwachsene und Kinder mit Asthma daran teil. Die Dauer der Intervention bewegte sich zwischen zwei und 104 Wochen. Der Großteil der Studien (n = 29) hatte die Einhaltung der verschriebenen Asthmamedikation als primären Endpunkt. Die Effekte digitaler Interventionen wurden mittels Metaanalyse für folgende Endpunkte erhoben: Einhaltung der medikamentösen Asthmatherapie (16 Studien); Asthmakontrolle (16 Studien); Verschlechterung der Erkrankung (sechs Studien); ungeplante Nutzung von Gesundheitseinrichtungen (vier Studien); Lungenfunktion (sieben Studien); Lebensqualität (zehn Studien). Dieser Cochrane Review erhebt die Evidenz bis Juni 2020.

Zum Review

Weitere Quellen:

Forum of International Respiratory Societies. The global impact of respiratory disease. Third Edition. European Respiratory Society, 2021. Zugriff 14. 7.2022. firsnet.org/images/publications/FIRS_Master_09202021.pdf. 
The Global Asthma Report 2018. Auckland, New Zealand: Global Asthma Network 2018.
Ferkol T, Schraufnagel D. The global burden of respiratory disease. Ann Am Thorac Soc. 2014 Mar;11(3):404-6. doi: 10.1513/AnnalsATS.201311-405PS. PMID: 24673696.
Asher M, et al. Worldwide trends in the burden of asthma symptoms in school-aged children: Global Asthma Network Phase I cross-sectional study. The Lancet 398.10311 (2021): 1569-1580.

Asthma: Ursachen und Auslöser. https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/atemwege/asthma/ursachen-ausloeser.html#:~:text=In%20%C3%96sterreich%20leiden%20laut%20Statistik,sie%20die%20Anf%C3%A4lligkeit%20f%C3%BCr%20Asthma

Text: Isolde Sommer und Edeltraud Günthör