HPV-Impfung zur Vorbeugung von Gebärmutterhalskrebs

HPV-Impfung zur Vorbeugung von Gebärmutterhalskrebs –  Wirkung und mögliche Nebenwirkungen

Impfungen gegen Humane Papillomaviren (HPV) schützen junge Frauen vor der Entwicklung von Krebsvorstufen (Zervix-Läsionen). Dies zeigt ein neuer Cochrane Review, der heute in der Cochrane Library veröffentlicht wurde. Die Übersichtsarbeit fasst auch die Daten zu Nebenwirkungen der Impfung, die in randomisiert-kontrollierten Studien untersucht wurden, zusammen. 

Die meisten sexuell aktiven Menschen kommen irgendwann in ihrem Leben in Kontakt mit Humanen Papillomaviren (HPV). Beim Großteil der betroffenen Frauen kann das Immunsystem die Viren erfolgreich bekämpfen. Wenn das jedoch nicht gelingt, können anhaltende HPV-Infektionen zu Veränderungen der Zellen im Gebärmutterhals (Zervix) führen. Die dadurch entstehenden Läsionen gelten als Krebs-Vorstufe. Unbehandelt können sie sich zu Gebärmutterhalskrebs weiterentwickeln. 

Die HPV-Typen 16 und 18 werden für rund 70% der Gebärmutterhalskrebs-Fälle weltweit verantwortlich gemacht und gelten als Hochrisiko HPV-Typen. Impfstoffe wurden entwickelt, um das Immunsystem beim Erkennen und Bekämpfen bestimmter HP-Viren zu unterstützen. In Österreich empfiehlt der oberste Sanitätsrat seit 2007 die HPV-Impfung für 9-17 jährige Mädchen und Frauen, seit 2009 auch für Buben und junge Männer. Seit 2013 ist die HPV-Impfung im österreichischen Schulimpfprogramm und seit 2016 ist der 9-fach HPV-Impfstoff im nationalen, kostenfreien Impfprogramm Kinder von 9-12 Jahren enthalten (www.bmgf.gv.at).  

Da die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs mehrere Jahre dauert, empfehlen internationale Organisationen wie beispielsweise die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Auftreten von Zervix-Läsionen zu untersuchen, um in Studien die Wirksamkeit von HPV-Impfstoffen zu bestimmen. 

Genau dies hat ein Forscherteam des Cochrane-Netzwerks getan: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fassten die Ergebnisse von 26 gut gemachte Studien mit Daten von 73.428  Frauen zusammen. Die Studien wurden in den letzten 8 Jahren auf allen Kontinenten durchgeführt und schlossen, bis auf drei Studien, Frauen unter 26 Jahren ein. Verglichen wurden HPV-Impfung mit Plazebo-Impfung und gemessen wurde das Auftreten von Zervix-Läsionen 3,5 bis 8 Jahre nach der Impfung.

Sie fanden heraus, dass junge Frauen, die zum Impfzeitpunkt frei von HPV waren, ein verringertes Risiko hatten die Krebsvorstufe zu entwickeln. 

  • 2 von 10.000 Frauen, die eine HPV-Impfung erhielten, entwickelten später Zervix-Läsionen. 
  • 164 von 10.000 Frauen, die eine Plazebo-Impfung erhielten, entwickelten später Zervix-Läsionen.

Keine Studie beobachtete Frauen lange genug, um die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs bzw. die Verhinderung dessen durch den Impfstoff zu untersuchen.

Die Cochrane-AutorInnen schauten sich auch an, wie sich die Impfung bei Frauen unabhängig vom HPV-Status zum Zeitpunkt der Impfung, auswirkte. Auch hier zeigte sich, dass Frauen mit HPV-Impfung seltener Zervix-Läsionen entwickelten.

Mit HPV-Impfung entwickelten: 

  • 157 von 10.000 Frauen im Alter zwischen 15 und 26 Jahren eine Zervix-Läsion, die mit HPV16/18 zusammenhängt,
  • 391 von 10.000 Frauen im Alter zwischen 15 und 26 Jahren eine Art von Zervix-Läsion (unabhängig vom HPV-Typ)

Ohne Impfung entwickelten:

  • 341 vom 10.000 Frauen im Alter zwischen 15 und 26 Jahren eine Zervix-Läsion, die mit HPV16/18 zusammenhängt,
  • 559 von 10.000 Frauen im Alter zwischen 15 und 26 Jahren eine Art von Zervix-Läsion (unabhängig vom HPV-Typ)

Bei älteren Frauen (25-45 Jahre) wirkte die HPV-Impfung weniger gut. Das könnte damit zusammenhängen, dass Frauen in diesem Alter wahrscheinlich schon mit HPV Kontakt hatten. 

Die untersuchten Impfstoffe waren einerseits ein Zweifach-Impfstoff, der nur auf HPV16/18 abzielt sowie ein Vierfach-Impfstoff, der auf HPV16/18 und zwei weniger riskante HPV-Typen, die Genitalwarzen verursachen, abzielt. Der neuere Impfstoff, der mittlerweile im österreichischen Impfprogramm ist und auf neun HPV-Typen abzielt, wurde nicht in diesen Cochrane-Review eingeschlossen, da er bisher in keiner randomisiert kontrollierten Studie mit Plazebo verglichen wurde.  

Laut aktueller Studienlage erhöhen HPV-Impfstoffe nicht das Risiko für schwere Nebenwirkungen (dieses war in der Impfgruppe und der Plazebo-Gruppe jeweils 7%). Das Cochrane-Team fand auch keine Hinweise darauf, dass Frauen nach HPV-Impfungen häufiger Fehlgeburten hatten. Zu betonen ist jedoch, dass weitere Daten notwendig sind, um mehr Sicherheit in Bezug auf sehr seltene Nebenwirkungen zu gewinnen und eine mögliche Auswirkung auf das Risiko von Totgeburten oder Fehlbildungen bei Kindern von Frauen, die geimpft wurden, abzuklären. 

Cochrane Erst-Autor, Dr. Marc Arbyn, von der Abteilung für Krebs-Epidemiologie des Belgischen Krebszentrums Sciensano in Brüssel sagte: “Die Ergebnisse dieses Review sollten im Zusammenhang mit den vielen weltweiten Überwachungsstudien, die vom Global Advisory Committee on Vaccine Safety der WHO seit Zulassung der Impfung durchgeführt wurden, gesehen werden. Das Komitee kam zum Schluss, dass das Nutzen-Risiko-Profil von vorbeugenden HPV Impfungen vorteilhaft ist und äußerte Sorge, dass ungerechtfertigte Bedenken über Nebenwirkungen, denen eine biologische und epidemiologische Grundlage fehlt, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Impfung beeinflussen. Zugleich forderte das Komitee die Gesundheitsbehörden auf, potenzielle Nebenwirkungen der Impfung weiterhin zu überwachen.“

Dr. Jo Morrison, Expertin im Bereich Gynäkologische Onkologie im Musgrove Park Krankenhaus, Somerset, Großbritannien, sagte: “Impfungen zielen darauf ab, das Immunsystem so zu beeinflussen, dass es Antikörper bildet, die eine HPV Infektion verhindern. Diese Daten zeigen, dass eine Immunisierung gegen HPV-Infektionen Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs vorbeugen kann. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dadurch die Raten an Gebärmutterhalskrebs in der Zukunft zurückgehen werden. Alle Formen von Gebärmutterhalskrebs können jedoch nicht verhindert werden. Daher bleibt das regelmäßige Screening  auf Gebärmutterhalskrebs wichtig – auch für Frauen, die geimpft wurden.” 

Sie fügte hinzu: “Gebärmutterhalskrebs und dessen Vorstufen entwickeln sich oft über viele Jahre nach einer HPV-Infektion. Daher braucht es Studien mit langen Nachbeobachtungszeiträumen, um die Wirkung von HPV-Impfungen auf die Häufigkeit von Gebärmutterhalskrebs zu untersuchen.“

Cochrane Österreich ist eines von weltweit 19 Cochrane Zentren und an der Donau-Universität Krems angesiedelt. Ein Hauptziel ist das Verbreiten von zuverlässiger und vertrauenswürdiger Evidenz, um eine informierte Entscheidungsfindung im österreichischen Gesundheitssystem zu unterstützen. Cochrane Österreich war nicht an der Erstellung dieses Cochrane Reviews beteiligt.

Referenz des Cochrane Reviews:

Arbyn M, Xu L, Simoens C, Martin-Hirsch PPL. Prophylactic vaccination against human papillomaviruses to prevent cervical cancer and its precursors. Cochrane Database of Systematic Reviews 2018, Issue 5. Art. No.: CD009069. DOI: 10.1002/14651858.CD009069.pub3.

Für weitere Informationen auf Englisch kontaktieren Sie bitte den Erstautor:

Dr. Marc Arbyn: 

Epidemiologist, Unit of Cancer Epidemiology, Belgian Cancer Centre Sciensano

Juliette Wytsmanstreet 14, B-1050 Brussels, Belgium

Marc.Arbyn@sciensano.be

Text aus dem Englischen übersetzt von Cochrane Schweiz und Cochrane Österreich. Hier finden Sie die englischsprachige Presseaussendung von Cochrane.

Kritik am Review

Seit Veröffentlichung ist dieser Review in Diskussion geraten. Die Publikation mit den Kritikpunkten "The Cochrane HPV vaccine review was incomplete and ignored important evidence of bias" von Jorgensen, Gotzsche und Jefferson finden Sie hier

Statement von Cochrane dazu

Cochrane nimmt Kritik sehr ernst und hat die Methodik des Cochrane Reviews noch einmal gründlich geprüft. Editor in Chief David Tovey und Stv. Editor in Chief Karla Soares-Weiser haben nun eine offizielle Stellungnahme zur Kritik veröffentlicht.